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Heartland − das Zentrum der USA

Wal Mart rocks! − Am Nachmittag brechen wir Richtung Norden auf. Ein weiterer Stopp bei Wal Mart und wir sind stolze Besitzer eines propangasbetriebenen Campingskochers und eines Toasters, wie wir ihn aus den guten alten Trek America Zeiten her kennen. Bezahlt haben wir dafür etwa $40!!

 

The Kids from Switzerland − Da ein Aufenthalt bei Wal Mart immer länger dauert als geplant, kommen wir heute nur bis Mammoth Spring an der Grenze von Arkansas zu Missouri. Entgegen aller Erwartungen bei einem solch kleinen Nest geht hier am Freitagabend die Post richtig ab. Wir platzen in eine Country Music Jam Session und ziehen nicht nur das Durchschnittsalter massiv herunter (man stelle sich vor, selbst Markus gehört hier zu den Jüngsten ;-), sondern als «the Kids from Switzerland» auch die Aufmerksamkeit der lokalen Bevölkerung auf uns. Besucher aus Europa sind hier selten und sorgen für Gesprächsstoff.

 

Fat free − Trotz des Programmes am Vorabend stehen wir am Morgen zeitig auf und statten dem Visitor Center und dem See mit der unterirdischen Quelle, welche dem Ort zum Namen verholfen hat, einen Besuch ab. Danach gehen wir ins Restaurant, um für einmal ein echtes amerikanisches Zmorge (Eier, Speck, Hash Browns, Toast) einzunehmen. Ob in dieser religiösen und konservativen Gegend wohl nur der Mann das Sagen hat? Klein Lulu bekommt nämlich anstatt den bestellten Spiegeleiern und Würstchen das Gleiche wie Markus vorgesetzt (Rührei mit Speck). Beim Getränk wird sie gar nicht erst gefragt, sondern erhält automatisch den von Markus bestellten Orangensaft. Vielleicht hatte die junge Kellnerin aber auch ganz einfach Freude am frischen Blut in der Stadt ;-). Einmal mehr fallen uns im Restaurant die zahlreichen, teils extrem übergewichtigen Amis auf. Jeden Morgen Eier, Speck, Kartoffeln und Toast sind wohl doch nicht so gesund. Da nützen auch die unzählige fat free und light Produkte nichts.

 

Rallye auf der Autobahn − Gestärkt und gut aufgelegt machen wir uns wieder auf den Weg. In einem Visitor Center des Staates Missouri decken wir uns einmal mehr mit Karten, Broschüren und Flyern ein. Auch Coupons dürfen nicht fehlen. Oft erhält man Vergünstigungen, wenn man einen Voucher vorweisen kann. Von der freundlichen Angestellten erfahren wir, dass wir auf dem Weg Richtung Kansas City Amish Country durchfahren. Leider vergeht uns das Ausschauhalten nach Farmen mit Windrädern (statt Elektrizität) und Pferdekutschen der Amish People schlagartig. Lulu ist am Steuer, wir fahren auf einem zweispuringen Highway, das Gelände ist leicht abfallend, Nanuq kommt so richtig in Schuss... plötzlich holperts, der Wagen wird hin und her gerissen, Lulu versucht wie eine Rallyefahrerin das Steuer unter Kontrolle zu halten und bringt schliesslich das Auto auf dem Pannenstreifen zum Stehen. Was ist geschehen? Eine kurze Prüfung bestätigt unsere dumpfe Vermutung. Der rechte Vorderreifen ist geplatzt und völlig zerfetzt. Auch das noch!! Ein Radwechsel steht an und wir versuchen die Situation positiv anzugehen... schliesslich schaffen solche Erlebnisse eine Bindung zum Fahrzeug! Tatkräfitg machen wir uns ans Werk. Der Wagenheber wird installiert, das kaputte Rad abgenommen und das Ersatzrad... ups, wir haben Nanuq zu wenig hoch angehoben. Da trifft es sich doch gut, dass auf der anderen Seite der Strasse gerade ein Mann auf einem Traktörli den Rasen mäht. Wie erwartet, ist er hilfsbereit und dank seinem absolut effizienten Wagenheber ist die Sache im Nu erledigt. Die ursprünglich geplante Route wird durch diesen Zwischenfall hinfällig, denn wir wollen möglichst schnell das defekte Rad reparieren lassen bzw. den Pneu ersetzen. In Springfield schlagen wir unser Nachtlager auf einem KOA Campground auf. Wie wir erfahren, kann man Reifenwechsel bei Wal Mart auch am Sonntag durchführen lassen.

Tatsächlich klappt der Service bei Wal Mart am nächsten Morgen tadellos. Die Angestellten haben ihre wahre Freude an Nanuq und einer meint: «I have seen such a car on Discovery Channel.» Wenn wir schon in Downtown Spingfield sind, checken wir auch gleich noch den Bass Pro Outdoor Shop ab... obwohl brauchen tun wir ja eigentlich nichts mehr und Platz haben wir auch keinen. Aber der erste Laden dieser Kette wurde hier in Springfield eröffnet und entsprechend stolz sind die Einheimischen auf ihren Bass Pro... und so was wollen wir doch nicht ignorieren :-)

 

Kamera löifft − Den restlichen Tag verbringen wir auf dem Campground mit waschen, räumen und Homepage aktualisieren. Bis tief in die Nacht sitzen wir vor unserem Compi. Vor Müdigkeit fängt Lulu an zu blödeln und bewegt sich in Jack Bauer Manier («24») durch die Waschküche und den Gang des Campgrounds. Ups..., da entdeckt Markus die Überwachungskamera. Lulu’s Einsatz war wortwörtlich filmreif.

 

Viva España − Am Montag, 18. April geht’s weiter nach Kansas City. In dieser Stadt hat es unzählig viele Springbrunnen. Wir beide küren den Henry Bloch Fountain mit seinen 232 Düsen und unglaublich vielen Wasserspiel-Variationen zum Schönsten von ihnen. Schön ist auch der Country Club Plaza, dessen architektonisches Vorbild die spanische Stadt Sevilla ist. Sogar deren Glockenturm, die Giralda, wurde hier nachgebaut, wenn auch nur halb so hoch wie das Original.

 

Modeschau im Wal Mart − Etwas ausserhalb von Kansas City steuern wir ein Wal Mart Supercenter an. Auf den Parkplätzen dieser rund um die Uhr geöffneten Läden, lässt es sich wunderbar übernachten. Dabei hat man Toillette und Nahrungsmittelangebot stets in der Nähe. Ein weiterer Pluspunkt ist der Unterhaltungsfaktor. Sind wir noch nicht müde, schlendern wir oft noch ein wenig zwischen den langen Gestellen umher und staunen ab dem vielfältigen Angebot. So auch heute... es könnte ja sein, dass dieser Wal Mart hier irgendwie anders ist :-) Tja, ein bisschen Spass muss sein. Markus wird mit Hawaiihemd und Strohhut eingekleidet und steht Modell. Für Carole haben wir ein zuckersüsses rosarotes Röckchen gefunden. Das giftgrüne Exemplar ist für Markus vorgesehen, doch leider lässt man uns nicht zusammen in die Umkleidekabine und so kann Markus seine Miss Piggy nur auf dem Foto bewundern. :-).

 

Eine andere Lebensart − Heute steht eine Bustour ins Amish Country auf dem Programm. Ausgangspunkt ist Jamesport (Missouri), wo wir bereits auf einige Amish People treffen, die mit ihren Kutschen zum Einkaufen in die Stadt gefahren sind. Die Bustour entpuppt sich als kleiner Familienausflug. Ausser uns hat sich niemand angemeldet und so begleiten uns nebst dem Fahrer noch dessen Frau und eine Freundin. Wir erfahren u.a., dass die Amish People deutsche und schweizerische Vorfahren haben. Das erklärt uns auch, warum einige Leute unser Schweizerdeutsch verstehen. Zudem sprechen sie nebst English auch noch eine eigene Sprache, die man Pennsylvania Dutch nennt. Viele Amish People sind handwerklich sehr geschickt und stellen Holzmöbel her, die in der ganzen Welt verkauft werden.

Gerichte und Klagen gibt es nicht. Falls es zu einem Streit kommt, entscheidet der Bischof. Also keine Welt für Anwälte, und dies in den USA ;-). Die Solidarität innerhalb der Gemeinschaft ist enorm gross und die Religion der zentrale Punkt. Die Kinder werden in eigenen Schulen unterrichtet (8 Jahre).

Wir haben die Möglichkeit, bei einer Familie einen kurzen Blick ins Haus zu werfen und sind erstaunt, einen Kühlschrank (propangasbetrieben) und Fitnessgeräte zu erblicken. Irgendwie passt dies so gar nicht hierher. Denn die Amischenverzichten auf Strom und befolgen auch sonst strenge Regeln. So ist es ihnen z.B. verboten, ein Instrument zu spielen (ausser Harmonica). Sie haben freie Wahl bei der Farbe der Kutsche, so lange es schwarz ist :-) Das Telefon muss mindestens 300 Yards vom Haus entfernt sein. Solche und andere Vorschriften erscheinen uns etwas unverständlich und zum Teil gar lächerlich und trotzdem bewundern wir diese Leute dafür, dass sie es in unserer Zeit schaffen, weiterhin unabhängig zu Leben. Erstaunt sind wir ab der hohen Prozentzahl der Jungendlichen, die in dieser Gemeinschaft bleiben. Wir hätten erwartet, dass die Versuchung auf ein freieres, perspektivenreicheres Leben grösser ist.

Nach der Bustour werden wir vom Veranstalterehepaar (beide nicht Amish) zu einer Glacé (frozen custard) eingeladen. Sie haben beide Freude an uns (little Swiss couple) und an Nanuq. Sie informieren sogar die lokale Zeitung über unseren Besuch.

 

Wo hast Du den die Schlüssel hingelegt? − Anschliessend fahren wir auf Überlandstrassen nach Indianola. Unterwegs halten wir bei einem Visitor Center, welches allerdings schon geschlossen ist. Es passiert uns nicht zum ersten Mal, dass wir die Öffnungszeiten um ein paar Minuten verpassen. Ganz nach dem Motto: Je früher wir da sind, desto früher schliessen sie. Diesmal haben wir aber Glück und der ältere Herr, der als Putzmann tätig ist, lässt uns rein, obwohl ihm dies untersagt ist. Dummerweise verlegt er auf der Suche nach einem bestimmten Flyer seinen Schlüsselbund. Zum Glück taucht dieser nach einer gemeinsamen Suchaktion wieder auf. Sonst wäre der freundliche Helfer wohl etwas in Erklärungsnotstand geraten.

Beim Studium der Unterlagen auf dem Parkplatz des Visitor Centers treffen wir wir auf die Polizei, die einen mit Hand- und Fussschellen gefesselten Mann zum WC begleitet. Obwohl er vermutlich etwas Gröberes auf dem Kerbholz hat, tut er Lulu leid.

In Indianola gibt’s wiedereinmal eine Pizza und eine weitere Nacht auf einem Wal Mart Parkplatz. Auch diesesmal begeben wir uns auf eine nächtliche Erkundungstour. Beim Eingang werden wir von einem Wal Mart Mitarbeiter freundlich gegrüsst. Wir kommen mit dem älteren Mann ins Gespräch und erfahren, dass er trotz Rentenalter nach wie vor 5 Tage und 40 Stunden pro Woche arbeiten muss, da er sich den Ruhestand und vor allem die Krankenkasse sonst nicht leisten kann. Es scheint uns, als sei er kein Einzelfall, denn wir haben schon oft beobachtet, dass Leute bis ins hohe Alter einer Arbeit nachgehen (müssen).

 

Herzschmerz in Madison County − Am Morgen weckt uns eine Sirene. Probealarm? Tornado? Der Himmel ist jedenfalls rabenschwarz. Bereits die ganze Nacht hat der Wind kräftig an unserem Auto gerüttelt und jetzt fallen die ersten Regentropfen. Wir montieren vorsichtshalber mal die Schuhe und gelangen gerade noch rechtzeitig in den Wal Mart. Denn inzwischen regnet, windet und hagelt es zeitweise so stark, dass die Haupttüre des Wal Marts verriegelt wird. Alle Kunden werden zum Warten gezwungen. Einzig die kleinen Seitentüren bleiben offen. Wir ziehen es vor, im Trockenen zu bleiben und erledigen bei dieser Gelegenheit gleich den fälligen Lebensmitteleinkauf. Als der Regen endlich etwas nachlässt, spurten wir zum Wagen und fahren Richtung Madison County los. Hier wurde der Film «the bridges of Madison County» (die Brücken am Fluss) mit Clint Eastwood gedreht. Auf dem Weg dorthin informiert Lulu Markus, um was es im Film eigentlich geht. Sie findet den Film doof (wie kann man in einer Schnulze die männliche Hauptrolle mit Clint Eastwood besetzen?!) aber wenn wir schon in der Gegend sind, wollen wir die berühmte Roseman Bridge und zwei ihrer Schwestern anschauen.

 

Hilly Billy Country is online − Weiter geht’s über den Western Skies Scenic Byway quer durch Iowa bis an die Grenze Nebraskas. Auf dem Weg haben wir in Hamlin’s Bibliothek wohl die schnellste Internet-Verbindung mit der grössten (respektive kleinsten) Bildschirmauflösung gefunden. Die 30 Minuten reichen knapp fürs Login ins Hotmail.

An der Grenze entlang fahren wir auf der I-29 nordwärts bis nach Onawa. Dort arbeiten wir bis weit nach Mitternacht in der Waschküche des KOA Campgrounds an der Homepage.